Josef Dohr
Roetgen, den 14.4.2019
52159 Roetgen, Schleebachstr. 19
Tel. 02471 2156
www.islandpferde-roetgen.de
Sletta von Roetgen
Ich sehe sie noch heute
vor mir, als sie als Fohlen die Wiesen auf und runter im Tölt lief.
Und so lief sie auch noch als altes Pferd. Eine Zuchtstute und
Reitpferd von der man nur träumen kann.
Ich hatte sie meinem
Freund Jan R., einen belg. Offizier verkauft, der bald pensioniert
wurde und mit allen Pferden nach Zolder in Belgien umzog.
Im Gepäck hatte er
Sletta und Aegir von Roetgen.
Aus Aegir und Sletta gab
es Thóri, den braunwindfarbenen Wallach, der sich später als Super
Pferd rausstellte und Sletta hatte Mósa, rapwindfarben.
Jan hatte eine große
Familie und einige von den Kindern ritten seine Islandpferde.
Eines Tages rief er mich
an, ob ich keine Verwendung für Sletta hätte. Mit diesem kleinen
Kinderpony könnte er nichts anfangen.
Ich fuhr sofort hin,
denn ich wusste, von welcher Qualität Sletta war. Sie war nicht mehr
viel gewachsen und sie war recht dünn. Ich nahm hinter der Hauswand
Sletta an die Hand und lief mit ihr los, sie töltete neben mir her im
perfekten Tölt. Ich fragte Jan, was sie kosten sollte. Er nannte mir
den Preis, welchen er bei mir als Fohlen bezahlt hatte.
Das rappwindfarbene
Stutenfohlen Mósa lief ständig über die Wiese im flotten, taktklaren
Tölt. Mósa bekam ich geradezu geschenkt. Denn bei diesem Preis kann
man nicht mehr über einen Preis reden.
Ein Jahr später rief Jan
bei mir an und er wollte bei mir Tölter reiten. Er brachte seinen
Freund Georg Bertels, dem Vater von Arnaud Bertels mit.
Sletta hatten wir in der
Zwischenzeit mehrmals entwurmt, normal gefüttert und geritten, sie war
in bester Kondition, wie sie auch bis ins hohe Alter blieb.
Nun musste ich Pferde
die beiden Reiter aussuchen. Aegir hatte eine Vollschwester = Strassa,
eine rappwindfarbene gute Stute, das Reitpferd von meiner Tochter
Silvia. Ich gab sie Georg. Für Jan suchte ich einen guten Tölter aus,
mein Reitpferd war Bleik oder auch Ramona wie sie genannt wurde.
Wir ritten ins
Solchbachtal, etwa 15 km von hier durch die Eifelwälder. Nach einem
guten Mittagsessen und einem guten Trunk ritten wir heimwärts nach
Roetgen.
Ich hatte mir immer
wieder die beiden Reiter mit ihren Rössern angeschaut und Jan war
besonders gut beritten mit seinem Tölter. Er kam aus dem Strahlen gar
nicht mehr raus, auch Georg hatte ein Klasse Pferd. Auf einmal schlug
mir Jemand in den Rücken und schrie laut:“ Jupp verkaufe mir dieses
Traumpferd, ich zahle Dir jeden Preis dafür.“ Viel gesagt habe ich
nicht, doch innerlich lachte ich mich fast krank.
Zu Haus wieder
angekommen. Wir saßen oben im Wohnzimmer in der alten Scheune und
tranken gemütlich. Doch Jan fing immer wieder von der schwarzen Stute
an, die er gerne haben möchte. Ich erklärte ihm, dass die Stute von
Eva, meiner jüngsten Tochter, sei, ich hätte sie ihr als 2. Pferd
neben Hela geschenkt. Denn dieses kleine 131 cm großes Pferd war ein
ideales Kinderpony, 100 % sicher immer folgsam und ein
unwahrscheinlicher Tölter, aber auch ein Reitpferd für bekannte
Sportreiter, die es immer wieder haben wollten, für eine EM
Endausscheidung im Fünfgang zu reiten. Doch ich dachte gar nicht
daran, diesen Schatz zu verkaufen.
Jan machte mir viele
interessante Angebote und bot für seine Verhältnisse mir einen
Wahnsinnspreis. Nach Stunden der Qual sagte ich zu Jan:“ Lieber Jan,
weißt Du überhaupt was das für ein Pferd ist, auf das Du so verrückt
bist?“ ---- „Nein, wer ist es denn, wer sind die Eltern?“ ----- „Jan,
es ist eine Tochter von Dima und Sleipnir frá Kleppjarnsreykjum.“
------------- Das sagte ihm nichts. --------„Jan, es ist Sletta, Dein
kleines Kinderpony.“ --------Jan bekam den Schluckauf, er wechselte
die Farbe. Wurde abwechselnd rot und weiß im Gesicht. Das hat er mir
nie verziehen, dass ich ihm Sletta nicht wieder verkaufte. Er hat über
30 Jahre nicht mehr mit mir gesprochen. Auf der Equitana sagte er:“
Hallo.“ Und bei der Beerdigung von Arnauds Mutter sagte er auch nicht
mehr als 5 Worte zu mir.
Sletta bekam u. a.
Álfskjóni, den Weltspitzenschecken. Ich habe Sletta immer gerne
geritten, trotz ihrer kleinen Größe. Denn unter dem Sattel vergaß man
ihr Stockmaß.
So gab es in Roetgen Ort
ein Ehepaar, welches 2 gute Islandpferde hatte. Sie stammten aus der
Zucht von W. Feldmann sen., von Aegidienberg. Diese beiden Stuten
wurden den ganzen Winter in der Halle in Belgien von einer Trainerin
geritten. Nun kamen die Reiter und wollten mit mir ausreiten. Ich nahm
mein kleinstes Pferd und wir ritten gemütlich aus. Zumindest ich hatte
ein gemütliches Pferd. Sie versuchten ihre Pferde im Sportstil zu
reiten. Ich lief immer eine halbe Länge hinterher und schaute mir ihre
Mühen an. Auf dem Nachhauseweg, wir waren etwa 12 km geritten. Da
sagte ich: „ H. und G. können wir jetzt mal etwas schneller tölten,
denn ich muss unbedingt nach Hause.“ Beide schauten mich ganz erstaunt
an, denn für ihre Verhältnisse waren wir schon schnell geritten und
ihren Pferden ging allmählich die Puste aus. Ich erhöhte das Tempo im
Tölt, doch sie blieben gleich zurück. Anschließend lies ich Sletta
noch 300 m echten Rennpass laufen, den sie ja auch im Video zeigte, im
Schnee, in der Szene, wo ihr Sohn Álfskjóni nach 6 Wochen Beritt die
Wiese im Trab runter kam und anschließend in den Aktionstölt über
wechselte.
Wir trafen uns später
wieder und H. & G. sagten, dass ihre Pferde nicht gut trainiert seien.
Sie hatten wohl vergessen, dass sie den ganzen Winter jeden Tag in der
Halle geritten wurden? Wogegen Sletta 2 bis 3 x die Woche nur geritten
wurde und das auch noch ohne Kraftfutter. Heu und Salvana, dazu einen
Leckstein, das reichten Sletta vollkommen. Sletta wurde 35 Jahre. Die
letzten Jahr verbrachte sie mit Vinur zusammen im Winterquartier.
Eines morgens, im Sommer, lag Sletta in der Morgensonne, ganz
friedlich eingeschlafen. Es war ein schrecklicher Tag für uns alle,
denn 3 Generationen Dohrs hatten auf ihr reiten gelernt und nun war
unsere geliebte Sletta nicht mehr. Birgit, meine Frau hatte sich immer
liebevoll um sie und die anderen alten Pferde gekümmert, sie traf es
besonders schlimm. Es gibt noch eine Szene im Video, wo sie mit Sletta
im Tölt läuft und das Fohlen Álfskjoni immer frei nebenher. Diese
alten Roetgener Rösser sind uns in der Zucht erhalten geblieben. Nicht
nur über Álfskjóni, sondern auch über eine Rückzucht auf Sletta. Gott
sei Dank ist sie wie Sletta, sie ist nur größer, wir werden sie
demnächst einreiten.
Was lernt man daraus:
ehe man ein Urteil über ein Pferd endgültig fällt, da soll man es
richtig einreiten lassen. Ein geschultes Auge erkennt sehr viel von
der Qualität des Pferdes, doch ein flüchtiger Betrachter wohl kaum.
Roetgen, den 21.9.2010
Jupp Dohr
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